„Können uns woanders viel abgucken“
Von Victor Francke, Bonner Generalanzeiger, 2. März 2020
Grafschaft. Für Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in Nordrhein-Westfalen, war es ein ungewöhnlicher Ausflug. Auf Einladung der FDP im Kreis Ahrweiler war der frühere Hochschulrektor, Lehrstuhlinhaber (Dissertation: „Chaos und Unternehmenskrise“) und ehemalige stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende über die Landesgrenze gekommen, um über aktuelle Herausforderungen des Mittelstandes zu sprechen.
Neben den Kreis-Liberalen war die aus NRW in die Grafschaft übergesiedelte Ex-Bonner Unternehmung L & D (Lohmeier und Deimel) Gastgeber. Der im Innovationspark beheimatete Caterer ist auf Betriebsgastronomie, Kinder- und Schulverpflegung spezialisiert. 1200 Menschen sind bei D & L in mehr als 80 Betriebsstätten (Jahresumsatz: 86 Millionen Euro) beschäftigt. Firmenchef Jürgen Preuß: „Unsere Köche verstehen ihr Handwerk.“ Der Minister zeigte sich beeindruckt. Nicht nur von der Modernität des besuchten Unternehmens, sondern von der gesamten Entwicklung, die Handel und Gewerbe jenseits der Landesgrenze, nicht zuletzt seit der Ansiedlung des ebenfalls aus NRW nach Rheinland-Pfalz gekommenen Süßwarenkonzerns Haribo genommen haben. „Damit wir leistungsfähig bleiben, brauchen wir ständige Innovation“, so Pinkwart, der in NRW schon einmal ein Ministeramt innehatte: Im Kabinett Rüttgers war er Wissenschaftsminister, bevor er vorübergehend als Hochschulprofessor nach Leipzig wechselte. Seit 2017 gehört der gebürtige Seelscheider und in Alfter wohnende FDP-Politiker dem Kabinett von Armin Laschet an. „Wir bauen unsere Industrie um. Bis 2050 wird es zudem ein völlig neues Energiesystem geben“, sagte Pinkwart. Auch wenn dies 30 Jahre in Anspruch nehmen werde: Der Bau so mancher Umgehungsstraße nehme von der Planung bis zur Umsetzung mehr Zeit in Anspruch, fügte er schmunzelnd hinzu. Der Ausbau der Digitalisierung sei ein vordringliches Ziel: „Man kann nicht mit der analogen Welt weiterarbeiten“, stellte er klar. Erst recht nicht, wenn man junge Menschen als Fachkräfte gewinnen wolle. Der Anspruch der Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz ändere sich ohnehin. „In meinem Ministerium können alle Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten“, berichtete der NRW-Wirtschaftsminister, der auch auf Erfahrungen einging, die im Ausland gemacht worden seien. Während man in Deutschland unzählige Anträge und Formulare in Blockschrift ausfüllen müsse, funktioniere der Datenaustausch woanders schnell und unbürokratisch. „Die Möglichkeiten, die durch die Digitalisierung geschaffen sind, werden nur unzureichend von uns genutzt“, erklärte der Liberale. Das Eintauchen in die digitale Welt müsse „stärker befeuert werden“. Und: „Wir müssen viel pragmatischer werden.“ Pinkwart ging in diesem Zusammenhang auch auf den Bau des geplanten Tesla-Werkes in Brandenburg ein, das er gerne in NRW gesehen hätte: „Ich hoffe, dass die Produktion dort bereits im nächsten Jahr starten kann. Dort können wir uns viel abgucken“, schwärmte der Minister von der innovativen Kraft und Ausschöpfung moderner Technologien bei dem US-Konzern. FDP-Kreisvorsitzender Uli van Bebber unterstrich zum Abschluss des Politik-Wirtschafts-Dialogs: „Ohne die Unternehmen geht in diesem Land nichts. Das Geld, das der Staat beispielsweise für Sozialleistungen ausgibt, muss erst verdient werden. Dafür steht der Mittelstand. Das wird allzu schnell vergessen.“
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